Difference between revisions of "Functional Analysis II - Michael Struwe - 2017"

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== Andreas, 23.08., 9:00 ==
 
== Andreas, 23.08., 9:00 ==
  
\ich Guten morgen
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I:  Guten morgen
\prf Guten morgen \\
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P:  Guten morgen
 
(Prof. Struwe überlegt kurz)
 
(Prof. Struwe überlegt kurz)
  
\prf Wir haben uns ja in der Vorlesung ausführlich mit elliptischen Randwertproblemen und schwachen Lösungen beschäftigt. \\
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P:  Wir haben uns ja in der Vorlesung ausführlich mit elliptischen Randwertproblemen und schwachen Lösungen beschäftigt.
 
(Bekomme einen kurzen Herzstillstand, will er jetzt direkt auf Schauder-Theorie (Kapitel 10) hinaus?)
 
(Bekomme einen kurzen Herzstillstand, will er jetzt direkt auf Schauder-Theorie (Kapitel 10) hinaus?)
  
\prf Können Sie mir ein solches Problem einmal hinschreiben? \\
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P:  Können Sie mir ein solches Problem einmal hinschreiben?
 
(Hier hätte ich wahrscheinlich tatsächlich auch ein Problem aus Kapitel 10 wählen können, aber so nochmal Glück gehabt, nehme natürlich nicht Kapitel 10.)
 
(Hier hätte ich wahrscheinlich tatsächlich auch ein Problem aus Kapitel 10 wählen können, aber so nochmal Glück gehabt, nehme natürlich nicht Kapitel 10.)
\ich Das einfachste Beispiel eines elliptischen Differentialoperators ist der Laplace-Operator, wir haben uns ausführlich mit dem Dirichlet-Problem beschäftigt. Schreibe und erkläre dabei:
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I:  Das einfachste Beispiel eines elliptischen Differentialoperators ist der Laplace-Operator, wir haben uns ausführlich mit dem Dirichlet-Problem beschäftigt. Schreibe und erkläre dabei:
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
\begin{cases}
 
\begin{cases}
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\end{cases}
 
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... wobei $f \in L^2, \Omega \subseteq \mathbb{R}^n$ offen oder auch beschränkt gegeben sind und $u$ gesucht ist. Wir können oBdA $g = 0$ annehmen, denn obiges Problem ist mit der Definition $\tilde{u} := u - g$ zu  
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... wobei $$f \in L^2, \Omega \subseteq \mathbb{R}^n$$ offen oder auch beschränkt gegeben sind und $$u$$ gesucht ist. Wir können oBdA $$g = 0$$ annehmen, denn obiges Problem ist mit der Definition $$\tilde{u} := u - g$$ zu  
 
\begin{equation*}
 
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\begin{cases}
 
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äquivalent, wenn wir noch $\tilde{f} = f + \Delta g$ setzen.
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äquivalent, wenn wir noch $$\tilde{f} = f + \Delta g$$ setzen.
  
\prf Wie würden Sie jetzt vorgehen, um schwache Lösungen zu finden?
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P:  Wie würden Sie jetzt vorgehen, um schwache Lösungen zu finden?
  
\ich Schreibe und erkläre: Die Idee ist eine Testfunktion $\varphi \in C_c^{\infty}(\Omega)$ auf beiden Seiten der Gleichung (deute auf $-\Delta u = f$) zu multiplizieren, beide Seiten über Omega zu integrieren und dann die linke Seite partiell zu integrieren. Man erhält
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I:  Schreibe und erkläre: Die Idee ist eine Testfunktion $$\varphi \in C_c^{\infty}(\Omega)$$ auf beiden Seiten der Gleichung (deute auf $$-\Delta u = f$$) zu multiplizieren, beide Seiten über Omega zu integrieren und dann die linke Seite partiell zu integrieren. Man erhält
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
\int_{\Omega} \nabla u \nabla \varphi dx = \int_{\Omega} f \varphi dx
 
\int_{\Omega} \nabla u \nabla \varphi dx = \int_{\Omega} f \varphi dx
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
Nun deute ich die linke Seite als Skalarprodukt auf einem passenden Funktionenraum, hier $H_0^1$, und die rechte Seite setzt sich fort zu einem Element im Dualraum $(H_0^1)^{*}$. Da müsste man dominierte Fortsetzung, also im Prinzip Hahn-Banach, aus der F.A. I verwenden. Jetzt möchte ich den Satz von Riesz anwenden ...
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Nun deute ich die linke Seite als Skalarprodukt auf einem passenden Funktionenraum, hier $$H_0^1$$, und die rechte Seite setzt sich fort zu einem Element im Dualraum $$(H_0^1)^{*}$$. Da müsste man dominierte Fortsetzung, also im Prinzip Hahn-Banach, aus der F.A. I verwenden. Jetzt möchte ich den Satz von Riesz anwenden ...
  
\prf (unterbricht) Was ist eigentlich $H_0^1$?
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P:  (unterbricht) Was ist eigentlich $$H_0^1$$?
  
\ich schreibe $H_0^1 = \lbrace u \in H^1 \mid u \vert_{\partial\Omega} = 0 \rbrace$ passend zu unserem Problem.
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I:  schreibe $$H_0^1 = \lbrace u \in H^1 \mid u \vert_{\partial\Omega} = 0 \rbrace$$ passend zu unserem Problem.
  
\prf Kennen Sie eine weitere Definition?
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P:  Kennen Sie eine weitere Definition?
  
\ich Ja, als Abschluss des Testfunktionenraums $C_c^{\infty}(\Omega)$ bzgl. der von obigem Skalarprodukt induzierten Norm:
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I:  Ja, als Abschluss des Testfunktionenraums $$C_c^{\infty}(\Omega)$$ bzgl. der von obigem Skalarprodukt induzierten Norm:
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
H_0^1 = \vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}-\text{clos}(C_c^{\infty}(\Omega))
 
H_0^1 = \vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}-\text{clos}(C_c^{\infty}(\Omega))
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
  
\prf Die Norm stimmt noch nicht ganz ...
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P:  Die Norm stimmt noch nicht ganz ...
  
\ich Ah ja, da ist eine Null zu viel, man nimmt die $H^1$-Norm. (Korrigiere $\vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}$ zu $\vert\vert \cdot \vert\vert_{H^1}$)
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I:  Ah ja, da ist eine Null zu viel, man nimmt die $$H^1$$-Norm. (Korrigiere $$\vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}$$ zu $$\vert\vert \cdot \vert\vert_{H^1}$$)
Das bedeutet $u$ liegt in $H_0^1$ genau dann wenn eine Folge $(u_k)$ aus $C_c^{\infty}$ existiert, die in der $H^1$-Norm gegen $u$ konvergiert.
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Das bedeutet $$u$$ liegt in $$H_0^1$$ genau dann wenn eine Folge $$(u_k)$$ aus $$C_c^{\infty}$$ existiert, die in der $$H^1$$-Norm gegen $$u$$ konvergiert.
  
\prf Jetzt betrachten sie aber zwei verschiedene Normen. Sind die äquivalent?
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P:  Jetzt betrachten sie aber zwei verschiedene Normen. Sind die äquivalent?
  
\ich Ja, wegen der Poincare-Ungleichung, wir hatten 3 Versionen in der Vorlesung gesehen, hier genügt folgende: \\
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I:  Ja, wegen der Poincare-Ungleichung, wir hatten 3 Versionen in der Vorlesung gesehen, hier genügt folgende:  
(Schreibe Lemma 7.1.2 hin) \\
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(Schreibe Lemma 7.1.2 hin)  
 
Soll ich das beweisen?
 
Soll ich das beweisen?
  
\prf Nein, das können Sie sicher aus dem Stehgreif, wir wollten ja ursprünglich mal den schwachen Lösungsbegriff definieren ...
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P:  Nein, das können Sie sicher aus dem Stehgreif, wir wollten ja ursprünglich mal den schwachen Lösungsbegriff definieren ...
  
\ich (wäre auch zu schön gewesen). Ja, wie gesagt prüfe ich jetzt die Voraussetzungen des Rieszschen Darstellungssatzes. $L^2$ ist ein Hilbertraum, also auch $H^1$, also auch $H_0^1$, da abgeschlossen. (Hier müsste man noch sagen, dass zwar das Skalarprodukt wechselt, aber wegen Lemma 7.1.2 ist das kein Problem.) Riesz liefert
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I:  (wäre auch zu schön gewesen). Ja, wie gesagt prüfe ich jetzt die Voraussetzungen des Rieszschen Darstellungssatzes. $$L^2$$ ist ein Hilbertraum, also auch $$H^1$$, also auch $$H_0^1$$, da abgeschlossen. (Hier müsste man noch sagen, dass zwar das Skalarprodukt wechselt, aber wegen Lemma 7.1.2 ist das kein Problem.) Riesz liefert
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
\forall v\in H_0^1: \int_{\Omega} \nabla u \nabla v dx = \int_{\Omega} f v dx
 
\forall v\in H_0^1: \int_{\Omega} \nabla u \nabla v dx = \int_{\Omega} f v dx
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
Ein $u$, welches diese Zeile erfüllt, heisst schwache Lösung des Dirichlet-Problems.
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Ein $$u$$, welches diese Zeile erfüllt, heisst schwache Lösung des Dirichlet-Problems.
  
\prf (Zufrieden) Existiert eine solche schwache Lösung immer?
+
P:  (Zufrieden) Existiert eine solche schwache Lösung immer?
  
\ich (überlege kurz, ob ich was übersehen habe) Ja, Riesz liefert zu jedem $f \in L^2$ eine schwache Lösung. \\
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I:  (überlege kurz, ob ich was übersehen habe) Ja, Riesz liefert zu jedem $$f \in L^2$$ eine schwache Lösung.  
  
(Das war es zu Kapitel 7.1, ungefähr die Hälfte der Zeit war um, jetzt nur noch Kapitel 7.4, hier hätte an auch noch fragen können, wann das $u$ sogar eine klassische Lösung ist)
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(Das war es zu Kapitel 7.1, ungefähr die Hälfte der Zeit war um, jetzt nur noch Kapitel 7.4, hier hätte an auch noch fragen können, wann das $$u$$ sogar eine klassische Lösung ist)
  
\prf Gut, wir haben uns in der Vorlesung auch noch weitere Varianten angesehen, was können sie dazu sagen?
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P:  Gut, wir haben uns in der Vorlesung auch noch weitere Varianten angesehen, was können sie dazu sagen?
  
\ich Wenn ich mich auf $\mathbb{R}$ beschränken darf, z.B. das Neumann-Problem.
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I:  Wenn ich mich auf $$\mathbb{R}$$ beschränken darf, z.B. das Neumann-Problem.
  
\prf (offenbar genau das, worauf er hinauswill) Betrachten sie mal nicht ganz $\mathbb{R}$,  sondern nur ein Intervall.
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P:  (offenbar genau das, worauf er hinauswill) Betrachten sie mal nicht ganz $$\mathbb{R}$$,  sondern nur ein Intervall.
  
\ich Ah ja, wegen den Randbedingungen (schreibe):
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I:  Ah ja, wegen den Randbedingungen (schreibe):
 
\begin{equation*}
 
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\begin{cases}
 
\begin{cases}
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\end{equation*}
  
\prf Genau, wie sieht es hier mit schwachen Lösungen aus?
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P:  Genau, wie sieht es hier mit schwachen Lösungen aus?
  
\ich Jetzt muss ich das Skalarprodukt leicht abändern: ($I = (a,b)$)
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I:  Jetzt muss ich das Skalarprodukt leicht abändern: ($$I = (a,b)$$)
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
<u,v>_{H^1} := \int_{I} u'v'+uvdx
 
<u,v>_{H^1} := \int_{I} u'v'+uvdx
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
  
\prf Warum ist das positiv definit?
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P:  Warum ist das positiv definit?
  
\ich (überlege) ... aus dem gleichen Grund wie oben?
+
I:  (überlege) ... aus dem gleichen Grund wie oben?
  
\prf Ja, Addition zweier Skalarprodukte.
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P:  Ja, Addition zweier Skalarprodukte.
  
\ich (Fahre fort) Ok, Riesz liefert jedenfalls
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I:  (Fahre fort) Ok, Riesz liefert jedenfalls
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
\forall v\in H^1: \int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx
 
\forall v\in H^1: \int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
Ein solches $u$ heisst schwache Lösung des Neumann-Problems.
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Ein solches $$u$$ heisst schwache Lösung des Neumann-Problems.
  
\prf Und existiert eine solche immer?
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P:  Und existiert eine solche immer?
  
\ich (sicherer als vorher) Ja, genauso wie vorhin.
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I:  (sicherer als vorher) Ja, genauso wie vorhin.
  
\prf Gut, betrachten wir nun die Randdaten ...
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P:  Gut, betrachten wir nun die Randdaten ...
  
\ich Hier ist die Idee $\int_{I} fvdx$ auf die andere Seite zu nehmen und partiell zu integrieren, wobei wir hier Randterme bekommen: (schreibe)
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I:  Hier ist die Idee $$\int_{I} fvdx$$ auf die andere Seite zu nehmen und partiell zu integrieren, wobei wir hier Randterme bekommen: (schreibe)
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
0 = \int_{I} (-u'' + u - f)v dx + u'(a)v'(a) - u'(b)v'(b)
 
0 = \int_{I} (-u'' + u - f)v dx + u'(a)v'(a) - u'(b)v'(b)
 
\end{equation*}
 
\end{equation*}
(Das ging ihm jetzt zu schnell, die Gleichung stimmt auch nicht ganz, es müsste $... - u'(a)v(a) + u'(b)v(b)$ heissen.)
+
(Das ging ihm jetzt zu schnell, die Gleichung stimmt auch nicht ganz, es müsste $$... - u'(a)v(a) + u'(b)v(b)$$ heissen.)
  
\prf Moment, das $u$ ist in $H^1$, woher nehmen Sie die zweite Ableitung?
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P:  Moment, das $$u$$ ist in $$H^1$$, woher nehmen Sie die zweite Ableitung?
  
\ich (ok, also schön langsam nach Skript) Naja, wenn ich hier (deute auf $-u'' + u = f$) das $u$ auf die andere Seite nehme, habe ich $u'' = f -u$.
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I:  (ok, also schön langsam nach Skript) Naja, wenn ich hier (deute auf $$-u'' + u = f$$) das $$u$$ auf die andere Seite nehme, habe ich $$u'' = f -u$$.
  
\prf (das reicht ihm nicht) Betrachten sie mal $v \in C_c^{\infty}$.
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P:  (das reicht ihm nicht) Betrachten sie mal $$v \in C_c^{\infty}$$.
  
\ich (Ahh, das wollte er ursprünglich hören) Achso, ja, gemäss $\int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx$ hat $u'$ die schwache Ableitung $u-f$ in $L^2$.
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I:  (Ahh, das wollte er ursprünglich hören) Achso, ja, gemäss $$\int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx$$ hat $$u'$$ die schwache Ableitung $$u-f$$ in $$L^2$$.
  
\prf Genau, jetzt können sie wieder oben weitermachen, wobei das noch nicht ganz stimmt. (Er streicht wie oben bemerkt die Ableitungen bei $v$ weg, jetzt steht die korrekte Gleichung da.) Und jetzt ...
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P:  Genau, jetzt können sie wieder oben weitermachen, wobei das noch nicht ganz stimmt. (Er streicht wie oben bemerkt die Ableitungen bei $$v$$ weg, jetzt steht die korrekte Gleichung da.) Und jetzt ...
  
\ich Da $v$ beliebig ist, kann ich es je so wählen, dass $u'(a) = 0$ oder $u'(b) = 0$ folgt. (Genauer muss man zwei $v$ betrachten, einmal eines mit $v(a) = 0 \neq v(b)$ und einmal umgekehrt, aber er scheint zufrieden damit zu sein).
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I:  Da $$v$$ beliebig ist, kann ich es je so wählen, dass $$u'(a) = 0$$ oder $$u'(b) = 0$$ folgt. (Genauer muss man zwei $$v$$ betrachten, einmal eines mit $$v(a) = 0 \neq v(b)$$ und einmal umgekehrt, aber er scheint zufrieden damit zu sein).
  
\prf (zur Assistentin) Wie viel Zeit haben wir noch?
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P:  (zur Assistentin) Wie viel Zeit haben wir noch?
  
 
\ass 5 Minuten
 
\ass 5 Minuten
  
\prf Ok, wie sieht es aus, wenn wir nun
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P:  Ok, wie sieht es aus, wenn wir nun
 
\begin{equation*}
 
\begin{equation*}
 
\begin{cases}
 
\begin{cases}
Line 141: Line 141:
 
\end{equation*}
 
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betrachten. Können wir hier genauso vorgehen?  
 
betrachten. Können wir hier genauso vorgehen?  
\ich (Den Teil habe ich mir nicht mehr so genau angeschaut, überlege, weiss nicht so recht, worauf er hinauswill ...)
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I:  (Den Teil habe ich mir nicht mehr so genau angeschaut, überlege, weiss nicht so recht, worauf er hinauswill ...)
\prf Existiert auch hier immer eine schwache Lösung?
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P:  Existiert auch hier immer eine schwache Lösung?
  
\ich Nicht immer. (Mehr ratend) ... womöglich gäbe Riesz $u \equiv 0$ statt $f$?
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I:  Nicht immer. (Mehr ratend) ... womöglich gäbe Riesz $$u \equiv 0$$ statt $$f$$?
  
\prf Es gibt eine notwendige Bedingung an $f$, betrachten Sie mal (schreibt)
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P:  Es gibt eine notwendige Bedingung an $$f$$, betrachten Sie mal (schreibt)
 
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\begin{equation*}
 
\int_I u''(x)dx
 
\int_I u''(x)dx
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hergeleitet.
 
hergeleitet.
  
\prf $f \in L^2$ reicht hier also nicht.
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P:  $$f \in L^2$$ reicht hier also nicht.
  
\ich Ah ja, stimmt. Wir hatten uns danach auf den Lösungsraum
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I:  Ah ja, stimmt. Wir hatten uns danach auf den Lösungsraum
$X = \lbrace u \in H^1 \mid \int_I u dx = 0 \rbrace$ eingeschränkt.
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$$X = \lbrace u \in H^1 \mid \int_I u dx = 0 \rbrace$$ eingeschränkt.
(Korrekt wäre $X = \lbrace u \in H^1 \mid \frac{1}{\vert I \vert} \int_I u dx = 0 \rbrace$, da Addition beliebiger Konstanten ebenfalls eine Lösung produziert)
+
(Korrekt wäre $$X = \lbrace u \in H^1 \mid \frac{1}{\vert I \vert} \int_I u dx = 0 \rbrace$$, da Addition beliebiger Konstanten ebenfalls eine Lösung produziert)
  
\prf Hier können wir jetzt wieder Poincare benutzen.
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P:  Hier können wir jetzt wieder Poincare benutzen.
  
\ich Ja, diesmal allerdings in der Variante von Satz 8.6.6 (Prof. Struwe grinst und ich schreibe den Satz hin).
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I:  Ja, diesmal allerdings in der Variante von Satz 8.6.6 (Prof. Struwe grinst und ich schreibe den Satz hin).
  
\prf Genau, und der auftretende Mittelwert $u_{x_0, r}$ ist 0 ...
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P:  Genau, und der auftretende Mittelwert $$u_{x_0, r}$$ ist 0 ...
  
\ich ... und das entsprechende Skalarprodukt ist äquivalent.
+
I:  ... und das entsprechende Skalarprodukt ist äquivalent.

Revision as of 12:31, 23 August 2017

Please sign with your name and the date on which you had your exam. If you use this wiki, contribute to it as well or terrible things will happen to you: like finding out there's a video of yourself drunkenly break-dancing.

Andreas, 23.08., 9:00

I: Guten morgen P: Guten morgen (Prof. Struwe überlegt kurz)

P: Wir haben uns ja in der Vorlesung ausführlich mit elliptischen Randwertproblemen und schwachen Lösungen beschäftigt. (Bekomme einen kurzen Herzstillstand, will er jetzt direkt auf Schauder-Theorie (Kapitel 10) hinaus?)

P: Können Sie mir ein solches Problem einmal hinschreiben? (Hier hätte ich wahrscheinlich tatsächlich auch ein Problem aus Kapitel 10 wählen können, aber so nochmal Glück gehabt, nehme natürlich nicht Kapitel 10.) I: Das einfachste Beispiel eines elliptischen Differentialoperators ist der Laplace-Operator, wir haben uns ausführlich mit dem Dirichlet-Problem beschäftigt. Schreibe und erkläre dabei: \begin{equation*} \begin{cases} -\Delta u = f & \text{, } \Omega \\ u = g & \text{, } \partial \Omega \end{cases} \end{equation*} ... wobei $$f \in L^2, \Omega \subseteq \mathbb{R}^n$$ offen oder auch beschränkt gegeben sind und $$u$$ gesucht ist. Wir können oBdA $$g = 0$$ annehmen, denn obiges Problem ist mit der Definition $$\tilde{u} := u - g$$ zu \begin{equation*} \begin{cases} -\Delta \tilde{u} = \tilde{f} & \text{, } \Omega \\ \tilde{u} = 0 & \text{, } \partial \Omega \end{cases} \end{equation*} äquivalent, wenn wir noch $$\tilde{f} = f + \Delta g$$ setzen.

P: Wie würden Sie jetzt vorgehen, um schwache Lösungen zu finden?

I: Schreibe und erkläre: Die Idee ist eine Testfunktion $$\varphi \in C_c^{\infty}(\Omega)$$ auf beiden Seiten der Gleichung (deute auf $$-\Delta u = f$$) zu multiplizieren, beide Seiten über Omega zu integrieren und dann die linke Seite partiell zu integrieren. Man erhält \begin{equation*} \int_{\Omega} \nabla u \nabla \varphi dx = \int_{\Omega} f \varphi dx \end{equation*} Nun deute ich die linke Seite als Skalarprodukt auf einem passenden Funktionenraum, hier $$H_0^1$$, und die rechte Seite setzt sich fort zu einem Element im Dualraum $$(H_0^1)^{*}$$. Da müsste man dominierte Fortsetzung, also im Prinzip Hahn-Banach, aus der F.A. I verwenden. Jetzt möchte ich den Satz von Riesz anwenden ...

P: (unterbricht) Was ist eigentlich $$H_0^1$$?

I: schreibe $$H_0^1 = \lbrace u \in H^1 \mid u \vert_{\partial\Omega} = 0 \rbrace$$ passend zu unserem Problem.

P: Kennen Sie eine weitere Definition?

I: Ja, als Abschluss des Testfunktionenraums $$C_c^{\infty}(\Omega)$$ bzgl. der von obigem Skalarprodukt induzierten Norm: \begin{equation*} H_0^1 = \vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}-\text{clos}(C_c^{\infty}(\Omega)) \end{equation*}

P: Die Norm stimmt noch nicht ganz ...

I: Ah ja, da ist eine Null zu viel, man nimmt die $$H^1$$-Norm. (Korrigiere $$\vert\vert \cdot \vert\vert_{H_0^1}$$ zu $$\vert\vert \cdot \vert\vert_{H^1}$$) Das bedeutet $$u$$ liegt in $$H_0^1$$ genau dann wenn eine Folge $$(u_k)$$ aus $$C_c^{\infty}$$ existiert, die in der $$H^1$$-Norm gegen $$u$$ konvergiert.

P: Jetzt betrachten sie aber zwei verschiedene Normen. Sind die äquivalent?

I: Ja, wegen der Poincare-Ungleichung, wir hatten 3 Versionen in der Vorlesung gesehen, hier genügt folgende: (Schreibe Lemma 7.1.2 hin) Soll ich das beweisen?

P: Nein, das können Sie sicher aus dem Stehgreif, wir wollten ja ursprünglich mal den schwachen Lösungsbegriff definieren ...

I: (wäre auch zu schön gewesen). Ja, wie gesagt prüfe ich jetzt die Voraussetzungen des Rieszschen Darstellungssatzes. $$L^2$$ ist ein Hilbertraum, also auch $$H^1$$, also auch $$H_0^1$$, da abgeschlossen. (Hier müsste man noch sagen, dass zwar das Skalarprodukt wechselt, aber wegen Lemma 7.1.2 ist das kein Problem.) Riesz liefert \begin{equation*} \forall v\in H_0^1: \int_{\Omega} \nabla u \nabla v dx = \int_{\Omega} f v dx \end{equation*} Ein $$u$$, welches diese Zeile erfüllt, heisst schwache Lösung des Dirichlet-Problems.

P: (Zufrieden) Existiert eine solche schwache Lösung immer?

I: (überlege kurz, ob ich was übersehen habe) Ja, Riesz liefert zu jedem $$f \in L^2$$ eine schwache Lösung.

(Das war es zu Kapitel 7.1, ungefähr die Hälfte der Zeit war um, jetzt nur noch Kapitel 7.4, hier hätte an auch noch fragen können, wann das $$u$$ sogar eine klassische Lösung ist)

P: Gut, wir haben uns in der Vorlesung auch noch weitere Varianten angesehen, was können sie dazu sagen?

I: Wenn ich mich auf $$\mathbb{R}$$ beschränken darf, z.B. das Neumann-Problem.

P: (offenbar genau das, worauf er hinauswill) Betrachten sie mal nicht ganz $$\mathbb{R}$$, sondern nur ein Intervall.

I: Ah ja, wegen den Randbedingungen (schreibe): \begin{equation*} \begin{cases} -u + u = f \\ u'(a) = 0 = u'(b) \end{cases} \end{equation*}

P: Genau, wie sieht es hier mit schwachen Lösungen aus?

I: Jetzt muss ich das Skalarprodukt leicht abändern: ($$I = (a,b)$$) \begin{equation*} <u,v>_{H^1} := \int_{I} u'v'+uvdx \end{equation*}

P: Warum ist das positiv definit?

I: (überlege) ... aus dem gleichen Grund wie oben?

P: Ja, Addition zweier Skalarprodukte.

I: (Fahre fort) Ok, Riesz liefert jedenfalls \begin{equation*} \forall v\in H^1: \int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx \end{equation*} Ein solches $$u$$ heisst schwache Lösung des Neumann-Problems.

P: Und existiert eine solche immer?

I: (sicherer als vorher) Ja, genauso wie vorhin.

P: Gut, betrachten wir nun die Randdaten ...

I: Hier ist die Idee $$\int_{I} fvdx$$ auf die andere Seite zu nehmen und partiell zu integrieren, wobei wir hier Randterme bekommen: (schreibe) \begin{equation*} 0 = \int_{I} (-u + u - f)v dx + u'(a)v'(a) - u'(b)v'(b) \end{equation*} (Das ging ihm jetzt zu schnell, die Gleichung stimmt auch nicht ganz, es müsste $$... - u'(a)v(a) + u'(b)v(b)$$ heissen.)

P: Moment, das $$u$$ ist in $$H^1$$, woher nehmen Sie die zweite Ableitung?

I: (ok, also schön langsam nach Skript) Naja, wenn ich hier (deute auf $$-u + u = f$$) das $$u$$ auf die andere Seite nehme, habe ich $$u = f -u$$.

P: (das reicht ihm nicht) Betrachten sie mal $$v \in C_c^{\infty}$$.

I: (Ahh, das wollte er ursprünglich hören) Achso, ja, gemäss $$\int_{I} u'v'+uvdx = \int_{I} fvdx$$ hat $$u'$$ die schwache Ableitung $$u-f$$ in $$L^2$$.

P: Genau, jetzt können sie wieder oben weitermachen, wobei das noch nicht ganz stimmt. (Er streicht wie oben bemerkt die Ableitungen bei $$v$$ weg, jetzt steht die korrekte Gleichung da.) Und jetzt ...

I: Da $$v$$ beliebig ist, kann ich es je so wählen, dass $$u'(a) = 0$$ oder $$u'(b) = 0$$ folgt. (Genauer muss man zwei $$v$$ betrachten, einmal eines mit $$v(a) = 0 \neq v(b)$$ und einmal umgekehrt, aber er scheint zufrieden damit zu sein).

P: (zur Assistentin) Wie viel Zeit haben wir noch?

\ass 5 Minuten

P: Ok, wie sieht es aus, wenn wir nun \begin{equation*} \begin{cases} -u = f \\ u'(a) = 0 = u'(b) \end{cases} \end{equation*} betrachten. Können wir hier genauso vorgehen? I: (Den Teil habe ich mir nicht mehr so genau angeschaut, überlege, weiss nicht so recht, worauf er hinauswill ...) P: Existiert auch hier immer eine schwache Lösung?

I: Nicht immer. (Mehr ratend) ... womöglich gäbe Riesz $$u \equiv 0$$ statt $$f$$?

P: Es gibt eine notwendige Bedingung an $$f$$, betrachten Sie mal (schreibt) \begin{equation*} \int_I u(x)dx \end{equation*} Wir haben dann zusammen \begin{equation*} 0 = u'(a) - u'(b) = - \int_I u(x)dx = \int_I f(x)dx \end{equation*} hergeleitet.

P: $$f \in L^2$$ reicht hier also nicht.

I: Ah ja, stimmt. Wir hatten uns danach auf den Lösungsraum $$X = \lbrace u \in H^1 \mid \int_I u dx = 0 \rbrace$$ eingeschränkt. (Korrekt wäre $$X = \lbrace u \in H^1 \mid \frac{1}{\vert I \vert} \int_I u dx = 0 \rbrace$$, da Addition beliebiger Konstanten ebenfalls eine Lösung produziert)

P: Hier können wir jetzt wieder Poincare benutzen.

I: Ja, diesmal allerdings in der Variante von Satz 8.6.6 (Prof. Struwe grinst und ich schreibe den Satz hin).

P: Genau, und der auftretende Mittelwert $$u_{x_0, r}$$ ist 0 ...

I: ... und das entsprechende Skalarprodukt ist äquivalent.